Zwölf renommierte Jazzbands bespielten den Stattegger Dorfplatz in drei Ausgaben des Village Jazz Festivals von Gerald Ganglbauer. Ingrid Dimai blickt zurück.
Perfekt: das dritte Festival
So, geschafft! Das Fagner Wesley Quartet, die letzte Band dieses Abends auf der Bühne, verbeugt sich nach der allerletzten Zugabe. Einen ganzen Nachmittag und einen langen Abend waren wir zusammen: der Organisator, freiwillige Helfer, Licht- und Tontechniker, zwölf Musiker, das Publikum.
Vom Soundcheck an, wo Musikinstrumente von drei Bands aufeinander abgestimmt werden, bis zum langsamen Eintrudeln des Publikums. Werden genug Leute kommen? Wir hoffen auf viele Jazzfreunde und solche, die es vielleicht noch werden möchten.
Obwohl im Vorfeld einiges dagegengesprochen hat, auch dieses Jahr ein Jazzfestival zu veranstalten. Weil der Termin, an welchem wir das Zelt bekommen sollten, erst im Mai festgelegt werden konnte, zum Beispiel. Weil uns die beiden vorgesehenen Kuratoren daraufhin absagten, weil sie an diesem Abend selbst Auftritte haben würden, zum Beispiel. Auch, dass zur selben Zeit das viertägige Jazzfestival in Leibnitz stattfinden würde. Die Notwendigkeit, in kurzer Zeit selbst ein Programm aufstellen zu müssen. Die Absage der Kulturförderung der Landesregierung, da uns wichtige Posten noch nicht bekannt waren. Ich sagte „Lassen wir’s“, aber His Master’s Voice befand „Das wird schon“. Also erneutes Einreichen des Antrags, die Zusage kam schließlich zwei Wochen vor der Veranstaltung.
Doch das Zelt füllt sich, 10 Minuten nach 18 Uhr sind auch die hintersten Reihen besetzt, und wir fangen an. Karl Heinz Miklin jr. mit Following Footsteps ist die erste Band auf der Bühne, sie beginnen mit dem Stück „Free, four, five“. Im Anfang eine Art Orchesterstimmung bevor der Vorhang aufgeht. Geräusche – da ein langgezogener Ton, dort ein kurzer Lauf auf der Gitarre, versuchsweise ein Bass, leises Trommeln, aber dann kristallisiert sich ein Gitarrenriff von Sampaio heraus, die Drums nehmen ihren Rhythmus auf, und über allem erhebt sich Ornigs Trompete mit dem Thema. Jetzt finden sich alle vier Mann mit vollem Einsatz zusammen, der Klang durchströmt das Zelt, reißt alle mit. Läuft!
Mehr als eine Stunde später, nach zwei Zugaben von Following Footsteps und einer halbstündigen Pause, die die meisten in Turners Café nebenan oder plaudernd vor dem Zelt verbringen, ist Gerald Ganglbauer am Mikrofon. Er verabschiedet sich vom Publikum, weil er weiß, dass seine Parkinson-Erkrankung keine Fortsetzung des Festivals im nächsten Jahr mehr zulassen wird. Zumindest nicht in seiner Person.
Dann ist das Achim Kirchmair Trio feat. David Jarh am Start. Mit einem völlig anderen Sound als ihre Vorgänger. Sie geben ihre letzte CD „Sunkeeper“ zum Besten, die ruhig, melodiös, strukturiert, mit der Führung von Jarh auf der Trompete und an Pat Metheny erinnernden Gitarrenklängen von Achim Kirchmair aufwartet. Ohrwurmverdächtig. Um aber das typische Klangerlebnis des Trios in seiner Stammbesetzung aufzuzeigen, nämlich mit dem Bass von Ali Angerer, der sich auf seiner Tuba nicht zurückhalten muss, braucht es ein anderes Stück. Und so bekommen wir zum Schluss „You Left Us Alone“ aus dem Album „Going to Ladakh“ zu hören, das außerdem ein fulminantes Gitarrenspiel aufweist, und wo eines der von Kirchmair genannten Vorbilder, Jimi Hendrix, klar erkennbar ist. Großer Applaus.
Draußen wird es langsam kühler, die Leute strömen in der Pause vermehrt in Turners Café, um sich warme oder wärmende Getränke zu holen. Dermaßen gestärkt erwarten wir den Auftritt des Fagner Wesley Quartets. Ihre neue CD „Line Colours“ ist gerade erst erschienen, Stattegg eine gute Gelegenheit, diese vorzustellen. Fagner Wesley (Keyboards), aufgewachsen und musikalisiert in Brasilien, ebenso wie der Schlagzeuger Matheus Jardim, leben aber schon viele Jahre in Wien, wo sie sich in der jetzigen Formation mit Jojo Lackner (Bass) und Christopher Pawluk (Gitarre) zusammengefunden haben. Im dermaßen erzeugten, vielfarbigen Klangbild vermischen sich lateinamerikanische Elemente mit Modern Jazz, manchmal zum Abheben schön, an Chick Corea’s Return To Forever in den frühen 70er Jahren erinnernd, manchmal aufpeitschend mit raschem Wechsel von Rhythmus und melodischen Bruchstücken. Ihr energiegeladenes, dynamisches Zusammenspiel zur späten Stunde heizt noch einmal ordentlich ein. Die Musiker, denke ich, hätten es schon noch eine Weile ausgehalten, denn sie wirken auch nach der letzten Zugabe, als hätten sie sich eben erst warm gespielt. Aber leider, nach einem Abschiedsfoto der Gruppe werden die Scheinwerfer ausgeschaltet, und das war’s. Das dritte und vorläufig letzte Village Jazz Festival in Stattegg.
Wirklich das letzte? Grade jetzt, wo die Organisation so gut geklappt hat, alles so gut gelaufen ist, das jährliche Jazzfest langsam bekannt wird? Aber ein Weitermachen hängt von so vielen Faktoren ab, in erster Linie wohl davon, ob sich jemand findet, der Geralds Arbeit übernimmt. Natürlich auch, wie die Gemeinde dazu steht, weil ohne Zelt ka Musi. Aber es wäre ja auch kein Fehler, wenn Stattegg, das in Radsportkreisen bereits internationalen Ruf genießt nun auch für ein Jazzfestival bekannt würde. Man wird sehen…
Eigentlich wäre es ja ganz einfach: Zusammen bringen, was zusammengehört – Musiker und Publikum!
Ingrid Dimai, Stattegg